top of page

Hinterm Horizont

Nicht nur deutsche Besucher begegneten mir an diesem Abend. Auch aus Großbritannien vernahm ich Stimmen im Foyer und im Saal. Groß ist das Interesse bei vielen an einer Story, die es so als Musical noch nicht vorher gegeben hat. Mit dem ausgewogenen Mix aus Leichtigkeit, Ernsthaftigkeit und an der richtigen Stelle eingesetzten Witz, wird mit „Hinterm Horizont“ eine der wichtigsten geschichtlichen Ereignisse Deutschlands dargestellt: Die Teilung und hier speziell die Situation in Berlin ist seit 2011 das Thema im Stage Theater am Potsdamer Platz. Die Story zeigt einen wichtigen Teil im Leben von Ausnahme-Deutschrocker Udo Lindenberg. Wie kein anderer glaubte der Rebell und Rockpoet in seiner fanatischen Lässigkeit unermüdlich an ein vereintes Deutschland ohne Grenzen. Ein Multitalent: Schriftsteller und Maler, Musiker zwischen Rock, Chanson und Rebellion. Aufgewachsen im tiefen Westen, fühlte sich Lindenberg dem Osten immer nah und "errockte" sich mit seinem Hit "Sonderzug nach Pankow" einen Auftritt im Palast der Republik in der DDR. Udo bot Honecker und dem System die Stirn und wurde für Millionen Menschen zum Symbol der Friedens- und Einheitsbewegung.

Zunächst beginnt die Story in der heutigen Zeit, als eine Boulevard-Journalistin ein Foto von der Begegnung von Lindenberg und einem unbekannten Mädchen aus dem Jahre 1983 findet. Zu Zeiten der Teilung hofften viele Bürger der DDR und gerade in Ost-Berlin auf einen Auftritt oder gar eine Konzerttour von Lindenberg. Bei diesem einen wichtigen Konzert im Palast der Republik lernte er Jessy kennen und verliebte sich sofort in das junge FDJ-Mädchen. Sein „Mädchen aus Ostberlin“ wird fortan für ihn die stärkste Verbindung nach Ostdeutschland.

Doch außer Jessys Bruder Elmar, teilt leider niemand in ihrer Familie ihre Leidenschaft für Lindenberg. Gerade ihre Eltern sind eng mit dem DDR-System verbunden und ihr Vater trainiert seinen Schützling Marco, einem Hammerwerfer, energisch für Olympia. So erhält der Außenstehende mehr Akzeptanz als seine eigenen Kinder. Gerade das bestärkt die beiden noch mehr in ihrer Entscheidung gegen das System vorzugehen. Die Songs von Udo geben ihnen dafür die Kraft.

Doch als Elmar für Jessy einen Brief an Udo in den Westen schmuggeln lassen will, nimmt ihn die Stasi in Haft. Und diese setzt wiederum Jessy unter Druck. Da ihnen Lindenberg ein Dorn im Auge ist, verpflichten sie Jessy als Spitzel. Im Gegenzug wird dafür ihr Bruder wieder freigelassen. Elmar hat jedoch endgültig vor dem System den Rücken zu kehren und so gelingt ihm die Flucht nach West-Berlin.

Eine normale Liebesbeziehung zwischen Jessy und Udo ist durch das zweigeteilte Deutschland leider nicht möglich und so bleibt es bei einem einzigen Wiedersehen in Moskau, wo Lindenberg gerade ein Konzert gibt.

Was sich aus dieser Begegnung ergibt und wie sich das Leben von Jessy, ihrer Familie und Udo bis ins 21. Jahrhundert entwickelt, das soll an dieser Stelle nicht verraten werden, denn so bleiben noch einige Überraschungen dem zukünftigen Besucher verborgen.

Getragen wird die Geschichte vor allem durch die Songs von Udo Lindenberg, die nicht nur von den beiden Hauptdarstellern stimmig performt werden, gerade das Zusammenspiel aller Ensemble-Mitglieder und deren jeweiligen speziellen Charaktere machen das Gesamtbild der Aufführung aus.

Beide Hauptdarsteller haben die für die Zuschauer plakativsten Rollen mit Bravour in Szene gesetzt.

„Hinterm Horizont“ kann mit seiner Story und beweist, das es nicht immer ein Broadway-Musical braucht, um viele Menschen unterschiedlichen Alters in eine Vorstellung zu locken. Und gerade der Aspekt, dass sich auch viele ausländische Gäste der Stadt ein deutsches Musical anschauen, zeugt von der Faszination am Thema Wiedervereinigung und den Songs von Udo Lindenberg, die so viele berühren. Dazu gehören in den Vorstellungen seit diesem Jahr auch große Displays, auf denen englischsprachige Untertitel eingeblendet werden.

Diese aktuellen Reviews haben wir auch noch für Euch:
bottom of page