Das „Dinner in the Dark“ - eine Erfahrung ohne fünften Sinn.
Mitten in der ländlichen Dunkelheit strahlte uns das Beverland Hotel in Ostbevern entgegen - wie als Vorbereitung auf die nächsten außergewöhnlichen zwei Stunden. Am Empfangs-Tresen wurden wir herzlich von Jessica willkommen geheißen, die uns direkt auf einen Sekt einlud und uns den Ablauf dieses unvergleichlichen Abends erklärte: Im Foyer wurde unser fünfter Sinn mit einer Augenbinde „ausgeschaltet“ (Stellen Sie sich ab diesem Punkt bitte jede beschriebene Situation blind vor) und wir wurden in Vier-Gruppen als eine Art blinde Karawane entlang der Garderobe, an der wir ebenfalls blind unsere Kleidung aufhängen konnten, in gastronomischen Bereich geführt. Die ganze Zeit über waren wir nur auf die professionellen Anweisungen einer uns unbekannten Stimme angewiesen, die uns dankbarere Weise sehr rücksichtsvoll und vorsichtig durch die gefühlt endlose Strecke begleitete.
An unseren Stühlen angekommen begann das wahre Spektakel: „Wo bin ich hier eigentlich?“, „Wer sitzt mir da gegenüber?“ und „Zu wem gehören all die Stimmen?“ waren nur einige Fragen, die vermutlich jedem Teilnehmer durch den Kopf gingen. Es folgte ein Bekanntmachen mit den fremden Stimmen um sich herum, uns schnell wurde festgestellt, dass wir an einem geräumigen Achtertisch zusammensaßen.
Prompt folgte das Ertasten der Umgebung mit den Händen: „Wie weit ist mein Gegenüber entfernt?“, „Gibt es hier Dekoration, die ich umwerfen kann... Oder Gläser?“ Zum diesem Thema kam uns Jessica, die zu diesem Zeitpunkt noch durch Kerzenlicht eine leichte Orientierung im Raum hatte, direkt zur Hilfe und nahm unsere zahlreichen Bestellungen auf. Die Sonderwünsche der Teilnehmer wurden widerstandslos erfüllt; das eingießen der Getränke mussten wir jedoch selbst übernehmen - blind, nicht zu vergessen. Das sorgte für reichlich Gelächter und Gesprächsstoffe, an welchem es im Übrigen den ganzen Abend nicht mangelte: Die Witze über unsere eingeschränkte Situation waren unerschöpflich.
Dann verkündete Jessica, dass nun auch die letzte Kerze im Raum erloschen werden würde und wir die Augenbinden abnehmen können.
Es folgte schwarz, absolut stockdunkles Schwarz. Wir hatten nicht die geringste Möglichkeit irgendetwas sehen zu können.
Lange mussten wir uns mit den kläglichen Versuchen, doch etwas zu erkennen, jedoch nicht abmühen, denn Jessica (nun ebenfalls blind) chauffierte auf einem Servierwagen den ersten Gang heran.
Die Teilnehmer, die am äußersten Rand des Tisches saßen, hatten nun die schwierige Aufgabe der Reihe nach vier Teller anzunehmen und weiterzureichen.
Als diese Aufgabe bewältigt war, ging es endlich ans Essen... oder besser gesagt: ans Stochern. (Man bedenke, dass wir nicht wussten, was serviert wurde.) Da man mit der Gabel nur schwer erfühlen kann, was sich da auf dem Teller befand, bedienten sich viele Teilnehmer ihrer zehn Finger und erfühlten erstmal, was sie da eigentlich vor sich hatten. Der Salat verriet sich schnell durch seine knackige Konsistenz, die Antipasti hingegen bereitete ringsherum Kopfzerbrechen. Spätestens am Geschmack konnte man aber z.B. die getrockneten Tomaten und den Schinken vom Bentheimer Landschwein erkennen.
Das Abräumen hatte den gleichen Ablauf wie das Servieren, nur eben in die andere Richtung.
In der kurzen Wartezeit bis zum nächsten Gang wurde wild diskutiert, was genau die Teilnehmer rausgeschmeckt haben wollten.
Plötzlich hörten wir weit hinter uns die zarte Stimme von Jessica, die sich ein wenig im Raum verirrt hatte und nun den Weg zu unserem Tisch nicht mehr fand. Wir signalisierten ihr durch Zurufe unseren Standpunkt und sie rollte die Suppe zu uns herüber. Jawohl, Suppe: Auch diese musste erst durch acht Hände weitergereicht werden, bis sie ihren Besitzer erreichte.
Dann begann die große Herausforderung:
Den Löffel waagerecht zum Mund führen und dabei so wenig wie möglich zu kleckern. Vorausschauender Weise hatten die Verantwortlichen die Suppe auf eine Temperatur gebracht, die zum sofortigen Verzehr geeignet war. Es folgte das große Raten: Krebs? Kürbis? Möhre? Fisch? Jeder meinte, er habe die Hauptzutat der Suppe erraten, doch alle wurden von ihren Geschmacksnerven in die Irre geführt. Tatsächlich wurde uns eine Apfel-Meerrettich-Suppe serviert.
Das Abräumen verlief beim zweiten Mal wesentlich geordneter, da alle Teilnehmer ihre Aufgabe kannten und wir gemeinsam auf die kluge Idee kamen, die Teller vorher ineinander zu stellen. Das erleichterte den Ablauf ungemein.
Obwohl sich alle bereits über einen gefüllten Magen beschwerten, wollte niemand auf den dritten Gang verzichten.
Durch simples Betasten und Schmecken wurden zumindest die leckeren Bratkartoffeln und das knackige Gemüse schnell erkannt, welche sich durch Geschmack und Konsistenz schnell verrieten, doch niemand konnte genau sagen, woraus die Fleisch- bzw. Fisch-Beilage bestand.
Die wildesten Theorien wurden erörtert, doch niemand kam von alleine auf die gewitzte Idee des Kochs: „Surf & Turf“ nennt sich die Kombination aus Schweinefilet gefüllt mit einer Riesengarnele.
Nun stand nur noch ein Gang vor uns und allmählich wurden die Teilnehmer unruhig. Viele wollten wieder ihr Augenlicht zurück, denn eins brachte dieser Abend auf jeden Fall mit sich: Die Erkenntnis, dass wir von unserem Seh-Sinn enorm abhängig sind!
Trotzdem warteten alle geduldig und Jessica beeilte sich, den süßen Nachtisch zu servieren. Das frische Obst und einen Anteil Schokolade schmeckte jeder sofort heraus, doch was genau hinter der weichen Konsistenz und dem cremigen Geschmack steckt und um welches Obst es sich genau handelt, dass konnte keiner mit Sicherheit sagen. Tatsächlich befand sich eine Kombination aus Tiramisù, brauner und weißer Schokoladenmousse garniert mit Melone und Waldbeeren auf unserem Teller.
Kaum war der letzte Gang abgeräumt, wurden die Gäste auch schon darauf vorbereitet, dass es nun wieder hell werden würde. Wir erschraken fast, als Jessica direkt vor uns eine kleine Kerze anzündete und die Helligkeit uns alle für wenige Sekunden blendete.
Doch dann endlich konnten wir uns wieder auf alle unsere Sinne verlassen. Blieb nur noch eine Frage übrig: Was genau hatten wir nun eigentlich alles gegessen? Dafür hatte das Personal im Foyer einen kleinen Ausstellungstisch errichtet, bei dem wir unsere vier Gänge noch einmal im Licht bestaunen konnten. Freundlich verabschiedete sich Jessica von uns und überlies uns damit wieder unseren eigenen Sinnen.
Fazit: Eine unglaubliche Erfahrung, die jeder einmal ausprobieren sollte. Das Beverland Hotel hat die Betreuung der Gäste und das Zubereiten der Speisen exzellent gemeistert, so dass am Ende des Abends alle satt, zufrieden und mit reichlich Gesprächsstoff nach Hause gehen konnten.
Mehr Infos: www.dinner-in-the-dark-muenster.de