Als spritzig und feucht-fröhlich wird sie beschrieben: Bis zum 28. August läuft die Show „WET“ (dt. Nass) im GOP Varieté Theater Münster — und der Name ist Programm. Alles dreht sich um das klamme Vergnügen. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn die sechs Badewannen auf der Bühne sind der Dreh- und Angelpunkt aller Darbietungen. Ein geniales Konzept — mit enttäuschender Umsetzung.
Eigentlich hat die Show alles, was mir gut gefallen würde: Eine wunderbare Bühnen-Inszenierung, perfekte Beleuchtung, stimmungsvolle Musik und hochrangige Artisten.
Da wäre beispielsweise Adem Endris (36, Äthiopien), ein Meister der Jonglage. Mit jeder Menge Charme wirbelt er die Bälle in verwirrender Geschwindigkeit zwischen seinen Händen hin und her. Eine beeindruckende Darbietung.
Auch Ludmila Nikoleva (42, Polen) hat mich zum Staunen gebracht. Sie liegt in einer leeren Badewanne auf dem Rücken und wirbelt große Gegenstände mit ihren Füßen so präzise durch die Luft, dass es kinderleicht aussieht.
Besonders ästhetisch war aber die Darbietung von Anton Belyakov (30, Russland), der mit seinem muskulösen Körper eine wunderbare Handstand-Nummer präsentiert. Das tut er jedoch nicht auf normalem Bühnenboden, sondern in einer randvollen Badewanne. Das Wasser spritzt, läuft an ihm herunter und ergibt ein wunderbar ästhetisches Gesamtbild.
Zusammen mit ihren Kollegen bieten sie ein unterhaltsames Bühnenprogramm: Lena Ries (31, Deutschland) und Leilani Franco (30, Großbritannien) bedienen den Luftring und die Kontorsion, Daniel Stern (28, USA) beeindruckt an den Strapaten und Moritz Haase (20, Deutschland) bietet eine anmutige Trapez-Darbietung. Genug Material, um eine — nach meinem Geschmack — wunderbar Show zu inszenieren.
Wäre da nur nicht der krampfhafte Versuch, dem ganzen einen roten Faden aufzwingen zu wollen.
Leider ein viel zu häufiges Problem. Denn die einzelnen Auftritte der Künstler „müssen“ übergeleitet, miteinander verbunden werden. Oft ist das notwendig, da die Bühne zwischen den einzelnen Auftritten umgebaut werden muss. Deshalb gibt es einen Moderator, der ständig wiederkehrt und die Zuschauer damit durch die Show leitet. Besonders beliebt sind an dieser Stelle Zauberkünstler oder Comedians, da diese die kurzen Zeiträume leicht überbrücken können.
Leider hat sich Regisseur Maximilian Rambaek gleich zwei Darbietungen auf die Bühne geholt, die mir (und meinen Sitznachbarn) die Show verdorben haben.
Ximena Ameri (37, Belgien) sorgt mit derbem Humor weit (weit!) unter der Gürtellinie für viel Aufsehen. Zweifelsohne lenkt sie alle Aufmerksamkeit und Blicke auf sich: Plumpe Witze mit eindeutig sexuellen Gesten, animalische Rollenbilder und dümmliche Mimik bringen das Publikum auf beschämende Weise zum Lachen.
Torpediert wird diese Darbietung eigentlich nur von den verstörenden Gesangseinlagen der Opern-Sängerinnen Jennifer Lindshield (37, USA) und Lina Navakaite (37, Litauen), die sich von Show zu Show abwechseln. Mit schillernder Stimme, die ich sonst nur aus Opernhäusern gewohnt bin, geben sie berühmte Werke über das Baden und Schwimmen wieder. Passend zum Thema, aber nicht passend für ein Varieté Theater.
So bleibt am Ende nicht viel mehr als ein Stirnrunzeln bei mir übrig. Ein Vergleich fällt mir aber ein: Manchmal wache ich morgens auf, nach einer Nacht voller schlechter Träume und versuche mich zu erinnern, was mein Geist in dieser Nacht erlebt hat. Wenn sich nach langer Überlegung endlich ein ganzes Bild zusammenfügt, bleibt mir meist nur noch eine Frage im Kopf hängen: Was verdammt ist da passiert?