„KAWUMM“ im GOP Varieté Theater Münster bis zum 7. Mai Herr Mutzmann ist ein dicker, immer pflichtbewusster, ordentlicher und pünktlicher Beamter – gefangen zwischen Aktenzeichen und Zahlen. Um seinem faden Trott zu entkommen, hat er eine einfache Idee entwickelt. Er ordnet jeder Zahl, die ihm begegnet, eine Bedeutung zu: ein Gefühl, eine Farbe, ein Ereignis, einen Namen, einen Ort. Somit entstehen vor seinem inneren Auge immer neue Wunderwelten und Abenteuer, in denen er sich verlieren kann. Eines Tages macht es KAWUMM und wie ein Schlag trifft Herrn Mutzmann seine ganz eigene, heldenhafte Geschichte, die immer tief in ihm schlummerte – eine bilderbuchartige Geschichte voll von Weisheiten, starken Frauen, akrobatischen Prinzen und bezaubernden, körperlichen Wundern. Besonders beeindruckend war die Darbietung von Donial Kalex (22, Deutschland) mit seinen atemberaubenden LED-Sticks. In absoluter Dunkelheit wirbelt er die leuchtenden Stäbe durch die Gegend und zaubert damit eine außergewöhnliche Lichtshow auf die Bühne. Unvergesslich ist auch das Duo Sienna – bestehend aus Sina Brunner (21, Deutschland) und Vienna Holz (20, Deutschland) – am Vertical Pole und Luftring. Mit ihrem zwillingsgleichen Look und ihren synchronen Bewegungen erinnern sie an zwei Cyberpunk-Heldinnen der 80er Jahre. Ein Highlight ist ebenfalls Jack Woodhead (28, England): die schillerndste Persönlichkeit weit und breit. In engen Kunstlederhosen und High Heels hüpft und tanzt über die Bühne. Zumindest, wenn er nicht gerade schwungvoll in die Klaviertasten haut und die Darstellungen seiner Kollegen musikalisch untermalt. Doch auch wenn viele Darbietungen der Show erstklassig sind – und noch dazu von dem großartigen Opernsänger Ye Fei (30, China) begleitet werden – so müssen die Zuschauer auch einige fragwürdige Darbietungen in Kauf nehmen. Beispielsweise die Collin Brothers: Collin Eschenburg (51, Deutschland) und Matthias Fischer (Deutschland, 48). Humor ist zwar Geschmackssache, aber begeistert hat das Duo mit seinem billigen Klamauk und dümmlichen Verhalten nur die Wenigsten. Grenzwertig war auch Moderator Markus Papst (50, Deutschland), der den Herrn Mutzmann mimt. Stellenweise amüsant, stellenweise poetisch ist seine Darbietung. Zumindest, bis er die große Moralkeule rausholt und einen Vortrag über gesellschaftliche Ungleichheit abliest – von seinem Mac. Fazit: Insgesamt ist die neue Varieté-Show „KAWUMM“ einen Besuch in jedem Fall Wert. Zumindest, wenn man das ein oder andere Auge zudrücken kann. Dafür ist das Drei-Gänge-Menü (Karotten-Ingwersuppe mit Kokos-Espuma, Marinierter Jungschweinerücken auf Erbsenpüree und gebackener Polenta, Schoko-Cookies-Mousse mit eingemachter Birne) diesmal besonders zu empfehlen.