Auch im Jahr 2013 heißt es: „Nur Fliegen ist schöner“, denn am 20. Januar ist der „Tag der Achterbahn“. Vor 128 Jahren, im Jahre 1885, meldete der Ingenieur LaMarcus Adna Thompson seine Erfindung zum Patent an. So errichtet er im Vergnügungspark Coney Island in New York die "Gravity Pleasure Switch Back Railroad". Die Funktionsweise: Die Besucher steigen auf einen Turm, setzen sich in ein Boot mit Rollen und fahren, von Mitarbeitern angeschoben, die 183 Meter lange wellenförmige Bahn hinunter. Die Mitarbeiter schleppen anschließend die Wagen wieder hoch und drehen sie herum – für die nächste Fahrt. Aber wie kam Ingenieur Thompson auf diese Idee? Der Ursprung dieser Fahrgeschäfte liegt im 16. Jahrhundert in Russland. Abfahrten (Drops) aus Holz wurden mit Wasser übergossen, das durch die Temperatur gefror, sodass man diese künstlichen „Berge“ herunterfahren konnte. Diese Idee brachten Napoleons Soldaten nach Westeuropa, insbesondere nach Frankreich, wo sie unter dem Namen Montagnes Russes („russische Berge“) bekannt wurden. So saß Thompson beizeiten in einer Kohleminenbahn in Pennsylvania und rollte in einer Lore den Schacht hinunter. Die Mitarbeiter hatten die Bahn zweckentfremdet, weil sie gemerkt haben, dass der Mensch selbst gern ein Gefälle hinuntersaust. Und so entwirft und baut Thompson ebendiese Version der Kohleminenbahn als erste kommerzielle Achterbahn. Und so nennt sich sein Patent "Roller Coaster", weil sie das Auf und Ab der Wellen an der Küste von Coney Island simuliert. Thompson baut dann mehrere Bahnen dieser Bauart in verschiedenen Städten in den USA und entwickelt sie weiter – bis sie vom technischen Fortschritt überholt wird. 1898 öffnet ebenfalls auf Coney Island die erste Bahn mit geschlossener Schienenführung, die "Figure Eight", die der Achterbahn ihren Namen gibt und auch in Europa sehr beliebt ist. Dann ersetzen Ketten- und Seilaufzüge die manuell betriebenen Bahnen. Bereits 1900 wird die erste Bahn mit Looping in Coney Island gebaut: der "Flip-Flap". Allerdings litten viele Besucher nach der Fahrt an Nackenschmerzen. Die Technik zur Berechnung und zum Biegen der Schienen wurde im Laufe der Jahre immer weiter verbessert, die Belastungen für die Fahrgäste auf diesem Wege weiter reduziert. Vor allem die Einführung der sogenannten Herzlinie und der Raumkurve durch den Ingenieur und Achterbahn-Guru Werner Stengel hat dazu beigetragen. Er berechnete einen Looping in der Form einer Klothoide, bei der der Radius bei Ein- und Ausfahrt in den Looping deutlich größer als im oberen Looping-Teil ist. So konnte er die Kräfte optimieren und 1976 zusammen mit dem Hersteller Anton Schwarzkopf aus Münsterhausen den ersten Looping bei der Bahn Revolution (Six Flags Magic Mountain, USA) realisieren. Dabei werden die Schienen so gestaltet, dass die Drehachse nicht, wie früher üblich, auf der Schienachse liegt, sondern sich in Höhe der Körpermitte, also etwa dem Herzen, der Fahrgäste befindet. Damit werden die seitlichen Wege, die der Oberkörper des Passagiers zurücklegen muss, und die auftretenden Kräfte reduziert. Durch die fortgeschrittenen Berechnungsmodelle und Fertigungstechniken wurden neben einfachen Steilkurven und Helices auch aufwendigere Streckenführungen wie Umschwünge, überneigte Kurven (Overbanked Turn), Hügel mit Richtungswechsel und Air-Time (EGF-Flip) oder senkrechtstehende Kurven (Immelmann Turn) möglich. Die erste Achterbahn Deutschlands, die aus Holz gefertigte „Riesen-Auto-Luftbahn“, wurde 1908 im „Vergnügungspark“ des Ausstellungsgeländes München vorgestellt Heute ist ein Trend zu immer schnelleren, spektakuläreren und schwindelerregenderen Achterbahnen feststellbar. Der derzeitige Geschwindigkeitsrekordhalter weltweit ist die "Formula Rossa"-Achterbahn in der „Ferrari World Abu Dhabi“. Sie erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 240 Kilometer pro Stunde – Thompsons "Gravity Pleasure Switch Back Railroad" fuhr Ende des 19. Jahrhunderts gerade mal zehn Kilometer pro Stunde. In Europa hält „Furius Baco“ im spanischen „PortAventura“ mit 135 Kilometern pro Stunde den Rekord für die schnellste Achterbahn. Die weltweit höchste Achterbahn ist „Kingda Ka“ im US-Freizeitpark „Six Flags Great Adventure“ mit 139 Metern. In Europa kommt die im Jahre 2012 eröffnete „Shambhala“ in „PortAventura“ auf 76 Meter Höhe. Die weltweit älteste noch in Betrieb befindende Achterbahn und die letzte Side-Friction-Achterbahn in Nordamerika ist „Leap the Dips“ im „Lakemont Park“ (Altoona, Pennsylvania, USA) Sie ist eine Side-Friction-Holzachterbahn von Edward Joy Morris, die 1902 eröffnet wurde. Sie befand sich bis 1985 in Betrieb, musste dann aber aufgrund von Baufälligkeiten geschlossen werden. 1997 konnte mit den Renovierungsarbeiten begonnen werden, nachdem durch eine Kapitalbeschaffungsmaßnahme entsprechendes Kapital verfügbar war. Am 31. Mai 1999, dem Memorial Day, wurde die Bahn wiedereröffnet. Die 443 m lange Strecke erreicht eine Höhe von 13 m, besitzt aber lediglich einen First Drop von 3 m Höhe bei einem Gefälle von 25°. Leap the Dips wird im National Register of Historic Places gelistet und wurde 1996 zu einem National Historic Landmark ausgezeichnet. Inzwischen gibt es unzählige verschiedene Achterbahntypen, die nach verschiedenen Kriterien unterschieden werden. Grundsätzlich wird unterschieden zwischen Holzachterbahnen (Wooden Coaster) und Stahlachterbahnen (Steel Coaster), wobei hier das Material der Schienenkonstruktion, nicht das der Stützen maßgeblich ist. Es gibt Achterbahnen mit Holzschienen und Metallstützen und umgekehrt. Ein weiteres grundsätzliches Unterscheidungsmerkmal ist die Aufteilung in transportable und stationäre Bahnen. Neben der klassischen Achterbahn im Sitzen (Sit-Down Coaster) unterscheidet man bei Stahlbahnen nach der Wagenform. So gibt es Typen, in denen man unter der Schiene fährt (Inverted Coaster und Suspended Coaster), im Wagen steht (Stand-Up Coaster), liegt (Flying Coaster) oder bei denen der Zugboden fehlt (Floorless Coaster). Weiterhin gibt es Achterbahnen mit Wagen, die sich horizontal drehen können (Spinning Coaster) und solche, bei denen die Sitze der Wagen selbst Überschläge ausführen können (z. B. 4th Dimension Coaster und Ball Coaster). Klassisch werden die Wagen oder Züge nach Transport auf einen Hügel (Lifthill) durch die Schwerkraft angetrieben. Daneben gibt es durch Elektromotoren im Zug angetriebene Achterbahnen (Powered Coaster) und abgeschossene Achterbahnen (Launched Coaster) mit Katapultstart. Neben den Bahnen mit geschlossener Streckenführung gibt es sogenannte Shuttle Coaster, bei denen die Strecke offen ist und die Wagen sie zweimal durchfahren, vorwärts und rückwärts. Ferner werden große Achterbahnen oft durch ihre Höhe in Stadien eingeteilt. Hier sind insbesondere Mega Coaster (über 150 ft ˜ 46 m), Hyper Coaster (über 200 ft ˜ 61 m), Gigacoaster (über 300 ft ˜ 91 m) und Teracoaster (über 400 ft ˜ 120 m) zu nennen. Diese Namen verwischen allerdings teilweise mit den Typenbezeichnungen der Hersteller. Auch Fahrelemente gibt es heutzutage unzählig viele. Das klassische Element einer Achterbahn ist die Bergabfahrt – die erste, meist auch höchste Abfahrt wird First Drop genannt – und die Fahrt über Hügel. Je nach Form und Ausprägung werden auch hier meist englische Bezeichnungen verwendet. So wird bei hohen parabelförmigen Hügeln oft von Camelbacks (Kamelrücken), bei kleinen flachen von Bunnyhops (Kaninchensprünge) gesprochen. Schon früh wurden mit den Figure-Eight- und Twister-Achterbahnen auch Anlagen mit Kurven realisiert. Waren diese zunächst flach, wurden sie zunehmend geneigt gebaut, um seitlich auf die Mitfahrer wirkende Kräfte zu reduzieren. Eine Ausnahme bilden dabei die Wilde-Maus-Achterbahnen, bei denen die ungeneigten engen Mauskurven das Hauptmerkmal darstellen. Neben dem klassischen Looping und der Schraube (Corkscrew) gibt es auch Variationen wie den Dive Loop, die Zero G Roll oder den Boomerang beziehungsweise Cobra Roll, um nur einige wenige zu nennen. Viele der Namen sind von vergleichbaren Figuren des Kunstfluges übernommen worden. Neben den Rekorden der Bahnen gibt es auch regelmäßig Versuche, Ausdauerrekorde im Achterbahnfahren aufzustellen. Während die Rekordversuche früher teilweise nur zu Parköffnungszeiten durchgeführt wurden, werden sie heute rund um die Uhr durchgeführt und nur von genau festgelegten kurzen Pausen unterbrochen. Insbesondere der US-Amerikaner Richard Rodriguez ist für seine vielen Rekordfahrten bekannt, die teilweise auch von Ärzten und Wissenschaftlern erforscht wurden. Er ist auch langjähriger Halter des Guinness-Rekords, der ihm allerdings von August 2006 bis August 2007 vom Deutschen Stefan Seemann zwischenzeitlich abgenommen wurde. Der aktuelle Rekord, aufgestellt von Rodriguez im August 2007, beträgt 9,5 Tage.